Hitzestress: Unnötiges Tierleid vermeiden
Der Schnee ist geschmolzen, erste Pollen sind verweht, der Lenz ist passé, der Mai schon da. Und kaum ist der Wonnemonat angebrochen, schickt der Sommer schon seine ersten heissen Vorboten. Es dürften wiederum die ersten von vielen sein.
Während sich im Hochsommer die Kinder in Dorfbrunnen und Badeseen abkühlen und Erwachsene in ihre klimatisierten Büros zurückziehen können, steigt der Leidensdruck von Haus- und Nutztieren mit den Temperaturen kontinuierlich. Kann der Mensch nämlich seine Körpertemperatur durch das Schwitzen regulieren, ist die Tierwelt selten mit einem vergleichbaren Ventil ausgestattet. Viele Haus- und Nutztiere können nicht schwitzen, darunter etwa Hühner, Schweine, Katzen, Vögel. Hunde und Hasen gehören ebenfalls dazu, wobei erstere immerhin durch Hecheln und zweitere durch ihre Löffel abkühlen können. Hitzestress kann bei Tieren bereits ab Temperaturen von 24 bis 25 Grad Celsius entstehen. Entsprechend stellt Hitze für sie eine besondere Gefahr dar, die es zu vermeiden gilt.
Hitzestress – die unterschätzte Bedrohung
Regelmässig warnen darum Bund und Kantone vor Hitzestress bei Tieren. Er tritt ein, wenn ein Tier über eine längere Zeit zu hohen Temperaturen ausgesetzt ist. Auch die Sarganser Gemeinderätin Andrea Büsser stimmt in den mahnenden Kanon mit ein. Ihr Ziel: Die Bevölkerung noch vor den ersten Hitzetagen in diesem Jahr zu sensibilisieren. „Denn jeden Sommer gehen bei der Gemeinde Meldungen ein, weil Tiere an der prallen Sonne gelassen werden», nennt die Gemeinderätin die traurige Wahrheit beim Namen.
Regelmässig berichten auch die Publikationsorgane der kantonalen und nationalen Bauernverbände wie die «Bauernzeitung» oder der «St. Galler Bauer» über das Phänomen Hitzestress und die effektivsten Massnahmen dagegen. Nutztiere sind auf verschiedene Arten davon betroffen. So fressen etwa Hühner weniger und legen kleinere Eier, und das meist später am Tag. Zu ihrem Schutz können laut GalloSuisse der Standort, das Mikroklima, die Deckenisolation sowie die Belüftung des Stalls massgebend sein. Zudem hilft ein gedeckter Aussenbereich, etwa durch Bäume, um Hitzestress bei Hühnern zu vermeiden.
Schweine haben wie Hühner keine Schweissdrüsen und können darum nicht schwitzen. Sie helfen sich mit kühlen und feuchten Böden ab, auf die sei sich seitlich hinlegen, um möglichst viel Kontakt mit dem Untergrund zu haben. Auf Hitzebelastung reagieren sie mit einer erhöhten Atemfrequenz und einer höheren Oberflächentemperatur der Haut. Um das zu vermeiden, nützen laut der Suisseporcs eine zentrale Befeuchtung der Zuluft, Duschen im Auslauf, Nieder- und Hochdruckvernebelungssysteme sowie Unterflurluftansaugung und Wassersuhlen.
Anders als Schweine stehen Kühe lieber, wenn sie zu grosser Hitze ausgesetzt sind. Der Grund: Damit können sie die Wärme besser verdunsten lassen. Ausserdem atmen sie stärker und schneller. Und: Kühe können schwitzen. Trotzdem wirkt sich die Hitze negativ auf ihren Stoffwechsel und die Milchleistung aus. Schatten und Wasser sind darum laut der SMP auch bei der Kuhhaltung das Gebot der Stunde. Auch kann mit dem richtigen Zeitpunkt der Weide der grössten Hitze ausgewichen werden. Im Stall schaffen Ventilatoren und eine Berieselung durch Wasser Abhilfe.
Bei der Abkühlung von Pferden ist Vorsicht geboten: Hitzestress zeigt sich bei ihnen mit Koordinationsschwierigkeiten, Appetitlosigkeit und einem ausdruckslosen Blick. Zwar können Pferde auch schwitzen, sie erhitzen aber auch zehnmal schneller als der Mensch, weil sie eine höhere Muskelmasse und eine geringere Körperoberfläche besitzen. Eine zu intensive Kühlung kann die Muskeln der Pferde entsprechend beschädigen. Laut Equi-Scope ist darum die effektivste Art, ein Pferd abzukühlen, die Anwendung von kaltem Wasser – etwa mit Eimern und Schläuchen. Je mehr Körperfläche nass wird, desto grösser der Effekt.
Dem Haustier zuliebe
Auch Haustieren setzen Hitzetage enorm zu. Hunde etwa können nebst schweren Herz-Kreislaufstörungen auch einen Sonnenbrand auf unbehaarten Körperstellen wie Nase oder Ohrmuscheln entwickeln.
Folgende Punkte helfen bei der Vermeidung von Hitzestress:
- Achten Sie auf einen ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt durch frisches Trinkwasser
- Verlegen Sie Aktivitäten wie Spazieren auf die kühlen Morgen- und Abendstunden
- Meiden Sie mit den Tieren Asphalt und Teer, sie strahlen enorme Hitze von unten aus
- Schaffen Sie bewusst Schattenplätze als Rückzugsmöglichkeit für das Tier
- Entfernen Sie Futterreste schnell, sie können in der Wärme leicht verderben
- Wechseln Sie bei Heimvögeln das Wasser in Badehäuschen und Trinkgefässen täglich, damit sich keine Bakterien ansiedeln
Endgegner PKW
Immer wieder für mediale Aufschreie und breites Unverständnis sorgen Schlagzeilen über Tiere, meist Hunde, die bei sommerlichen Temperaturen in geschlossenen Fahrzeugen zurückgelassen werden und kläglich verenden. Tatsächlich werden stehende Fahrzeuge durch ihren Heizeffekt innert weniger Minuten zur Todesfalle. Gemeinderätin Büsser ruft darum klar auf: «Nie ein Tier im Auto lassen!»
Beobachten Dritte ein eingesperrtes Tier, ist es ihnen unter Umständen sogar gestattet, die Scheiben des Fahrzeugs einzuschlagen, um das Tier zu befreien. Das gilt allerdings nur dann, wenn zuvor der Rettungsdienst alarmiert wurde, dieser nicht rechtzeitig eintrifft, die Besitzerin oder der Besitzer des Tiers nicht auffindbar ist oder ein Notfall vorliegt. Laut Schweizer Bauer ist ein solcher gegeben, «wenn das Leben des Tiers nur durch Einschlagen der Scheibe gerettet werden kann. Ein eingeschlossener Hund, der Krämpfe hat, stark zittert oder bereits bewusstlos ist, schwebt in akuter Lebensgefahr – sofortiges Handeln ist hier unabdingbar». In jedem Fall gilt: Wird ein Tier der Hitze ausgesetzt, ohne Schatten, Wasser oder Abkühlung, ist das tierschutzrelevant. Und strafbar.
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